Das Web 2.0-Zeitalter hat die Anforderungen an PR-Dienstleister völlig neu definiert. Neben den traditionellen Wegen sind zunehmend Konzepte und Strategien fernab ausgetretener Pfade gefragt. Das Internet ist im Zuge dessen zu einem wichtigen Erfolgstool avanciert. Wie lässt sich dies mit klassischen PR-Maßnahmen vereinen, was sind die Trends, auf die man sich einstellen muss, und wie funktionieren diese?
Von: Ulrike PeterWebdesign, Tipps
Imagebildung und Erhöhung des Bekanntheitsgrades reichen Unternehmen als PR-Erfolge längst nicht mehr aus. Stattdessen beginnt die Arbeit an der Basis. Ganzheitliche Konzepte, die sowohl das Marketing als auch den Vertrieb einbeziehen und Messbarkeit ermöglichen, sind gefragt.
Für die veränderten Anforderungen lassen sich zwei wesentliche Auslöser ausmachen. Der immer stärkere Verdrängungswettbewerb und Leistungsdruck in bestimmten Branchen ist ein ausschlaggebender Faktor. Ihm voran stehen allerdings insbesondere der Einfluss des Internets und der damit einhergehende Medienstrukturwandel, an den sich anpassen muss, wer dauerhaft in der ersten Liga spielen möchte.
Das Internet auf der Überholspur
Die Grenzen zwischen Online- und klassischem Print-Journalismus verschwimmen mehr und mehr. Ebenso wie in den Multimediamärkten die CD-Regale schrumpfen, weil das Internet sie förmlich aufgesaugt hat, konsolidiert sich auch der Zeitschriftenmarkt. Internet-Informationsportale schießen wie Pilze aus dem Boden. Untermauert wird dies beispielsweise durch die Tatsache, dass etablierte Verlage ihre Printmagazine zunehmend einstampfen und stattdessen ihre Online-Angebote ausbauen. Die großen Medienhäuser machen es vor und die kleinen müssen folgen, um nicht auf der Strecke zu bleiben.
Die Vorteile des Internets liegen auf der Hand: es ist tagesaktuell, oft günstiger und besitzt eine hohe Reichweite und Nachhaltigkeit. Das World Wide Web stellt somit einerseits eine große Herausforderung für Agenturen dar, birgt jedoch andererseits auch ein enormes Potenzial und hohe Chancen. Die Kunst besteht darin, die vielfältigen Möglichkeiten zu erkennen, sie zu selektieren und gemäß dem Bedarf des Kunden zuzuschneiden. Somit werden PR-Konzepte ein Stück weit individueller als es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Während es früher ausreichte, sein Handwerk zu beherrschen und die Werkzeuge zu kennen, stellt dies heute ein schwierigeres Unterfangen dar. Die Vielfalt an Instrumentarien wächst rasant und erfordert hohe Flexibilität und zum Teil kurze Reaktionszeiten.
Online-PR-Tools im Trend
Ein Thema, mit dem sich Agenturen und ihre Kunden neben den klassischen Presseportalen - die als Informationspool für Journalisten zum Standardmittel gehören - auseinander setzen sollten, ist die Nutzung von Foren sowie das Blogging. 81% der deutschen Internetnutzer wissen laut einer aktuellen Umfrage eines Marktforschungsunternehmens mit diesem Begriff etwas anzufangen. Während Blogs in ihren Anfängen im Jahr 2003 und auch noch einige Jahre später primär als Instrument von Computercracks galten, sind sie mittlerweile zum klassischen Internetsurfer vorgedrungen. Die Statistik besagt, dass heute 54% der Nutzer regelmäßig in die Blogosphäre eintauchen - Tendenz steigend.
Auch Unternehmen können sich diesem Trend nicht mehr entziehen. Blogging ist zu einem Instrument avanciert, das zunehmend in die Kommunikations- und Marketing-Strategien einbezogen wird. Hier gibt es zwei Wege: vom eigenen Unternehmensblog (beispielsweise auf der Firmenwebsite) bis hin zur Beteiligung an externen Foren. Sie fungieren auf der einen Seite als Sprachrohr des Unternehmens und auf der anderen bieten sie die Möglichkeit zur Interaktion. Hieraus resultieren Effekte wie z.B. das Einholen von Meinungen der Konsumenten, positive Imagebildung und Kundenbindung. Verlinkungen zum oder innerhalb des Weblogs verbessern darüber hinaus die Position im Suchmaschinenranking. Gelungene Beiträge werden mit erhöhtem Interesse und Aufmerksamkeit belohnt und sind zum Teil auf Grund der Nachhaltigkeit von Informationen im Internet noch Jahre später zu finden.
Zukunftsausblick: Internetmonsun Twitter
Eines der neuesten Web 2.0-Phänomene und "Nachfolger" des Bloggings ist Twitter - eine Microblogging-Plattform, die zugleich als Status-Update-Service in Echtzeit, Trend-Suchmaschine, PR-Kanal und öffentliches Instant Messaging Tool genutzt wird. Täglich gehen hier bis zu eine Million Tweets (Twitter-Nachrichten) Web-basierend via Computer, Handy oder Mobile Device über den Äther. Die Messages sind auf 140 Zeichen beschränkt und der Austausch ist kostenlos - ausgenommen der Empfang von Tweeds per SMS, die über Mobilfunkbetreiber abgerechnet werden. Neben der 140-Zeichen-Option zur Statusangabe besitzt jeder Twitter-User eine Profilseite. Hier sind aktuelle Updates ersichtlich - auch für nicht-registrierte Nutzer, sofern diese Funktion nicht als geschützt deklariert wurde. Auf der Profilseite lassen sich eine Micro-Beschreibung, die URL, ein Firmenlogo oder Porträt einstellen. Durch die Abo-Funktion der Updates anderer User findet die Vernetzung statt. Des Weiteren können die Nutzer private Direktnachrichten senden und empfangen, sich Updates auf Desktop und Mobile Device per SMS sowie RSS zuschicken lassen oder Services von Drittanbietern nutzen, die die Tweets gemäß der Kriterien des Nutzers vorselektieren bzw. filtern.
Die Entwicklung und Akzeptanz differiert zwischen dem deutschsprachigen Raum und den USA erstaunlich: Während Twitter in Amerika bereits knapp 10 Millionen Mitglieder verzeichnet, steckt diese Methode mit ca. 100.000 Usern in unseren Gefilden noch in den Kinderschuhen. Hierzulande sehen die Benutzer aktuell primär den Informationskanal und die Spielwiese für Computerfreaks - die Skepsis überwiegt. Ähnlich wie es allerdings auch beim klassischen Blogging der Fall war, dringt Twitter jedoch langsam aber sicher in den Corporate-Bereich vor. Denn mit zunehmender Ausbreitung in den Mainstream entsteht ein Kommunikationsmedium, das sich für die Verbreitung von Markenbotschaften hervorragend eignet - und dies im Gegensatz zum Blogging noch vernetzter, unmittelbarer und prägnanter.
Ob zu Zwecken des Networkings, Marketing oder Vertriebs - das Instrument Twitter eröffnet einen großen Handlungsspielraum. Über die Monitoringfunktion können z.B. die aktivsten und einflussreichsten Mitglieder ausgemacht und mit ihnen in den Dialog getreten werden. Erfolgreiche Corporate Twitterer lassen sich daran erkennen, dass der rege Kundendialog an der Vielzahl ihrer Antworten auf andere Tweets ersichtlich wird. So erkennt der Nutzer, dass Fragen beantwortet werden und auf Anregungen eingegangen wird. Daher eignet sich Twitter insbesondere für Service-orientierte Unternehmen, da sie beispielsweise Hilfestellungen zu speziellen Themen geben können. Hat man sich erst einmal als Experte etabliert, folgen die Anfragen von allein. Aber auch als nützliche und öffentlichkeitswirksame Ergänzung zur Firmen-Hotline eignet sich Twitter. Ergo: Wer auf den Twitter-Zug aufspringt, besitzt derzeit noch eine Vorreiterrolle. Er beweist Nähe zum Kunden und zeigt Interesse für dessen Bedürfnisse. Denn durch die interaktiven Dialoge lässt sich eine persönlichere, emotionale Bindung zum Kunden aufbauen.
Mit Vorsicht genießen
Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz dieser Methoden ist allerdings die Tatsache, dass man sie professionell betreibt, und immer unter der eigenen Flagge. Denn verdeckt agierende Blogger, die im Unternehmensauftrag zu werben versuchen, scheitern zum Teil kläglich - auf Kosten des Images. So werden plakative Manipulationsversuche entfernt oder mit negativer Kritik geahndet. Marketing-Verantwortliche, die zur Tastatur greifen, brauchen demnach vor allem Fingerspitzengefühl, um ein positives Image ihres Unternehmens in der Web 2.0-Community aufzubauen. Denn bei allen positiven Effekten sollte man sich dennoch darüber bewusst sein, dass derartige Plattformen auf Grund des Prinzips des freien Postings von Meinungen die Reputation einer Firma stärken, ihr aber genauso auch schaden können. "The Wisdom of the Crowds" - das kollektive Wissen der Menge - reguliert im Internet die Information.
Dies sind nur zwei der Public Relations 2.0-Instrumentarien, mit denen sich Agenturen im Sinne ihrer Kunden vertraut machen sollten, um am Ball zu bleiben. Die Methoden und ihre Einsatzmöglichkeiten müssen jedoch immer individuell und differenziert betrachtet werden. Nicht für jedes Unternehmen eignet sich jede Plattform. Aber eines ist sicher: Auf Grund der vielfältigen Möglichkeiten im Online-Zeitalter entwickelt sich der Bedarf des Kunden ganz klar in Richtung Kommunikations-Mix, der eng verzahnte Maßnahmen in den Bereichen Marketing, PR und Vertrieb umfasst.